Islamologin: „Islam muss Politik und Religion trennen“ (Islamologue : « L’Islam doit séparer la politique et la religion ») – Entretien de Razika Adnani accordé au journal allemand Frankfurter Rundschau
Die Wissenschaftlerin Razika Adnani spricht im Interview über einen modernen Anspruch an den Islam und die anhaltende Diskriminierung von Frauen.
Die französische Nationalversammlung verabschiedet an diesem Dienstag voraussichtlich ein Gesetz gegen den „islamistischen Separatismus“, also etwa gegen die Loslösung ganzer Vorstadt-Wohnviertel aus der französischen Gesellschaft. Ist ein solches Vorgehen ein wirksames Mittel gegen den radikalen Islamismus?
Razika Adnani : Zahlreiche Maßnahmen wie etwa das Beschulungsverbot außerhalb von Schulen können mithelfen, Banlieue-Bewohnerinnen und -bewohner besser zu integrieren. Ihre Viertel stehen unter dem mächtigen Einfluss von Salafisten, die ihre eigenen, islamistischen Gesetze verbreiten. Das Gesetz gegen den Separatismus kann diesen Druck vielleicht etwas zurückzubinden.
Außerdem sollten die verschiedenen Islam-Gemeinschaften Frankreichs eine „Charta“ zur Einhaltung republikanischer Werte unterzeichnen.
Razika Adnani : Das ist ein interessanter Ansatz, aber er ändert nicht viel, wenn der Islam nicht selbst an sich arbeitet.
Wie meinen Sie das?
Die Musliminnen und Muslime müssen erkennen, dass das Problem im Islam selbst liegt, auch im Verhältnis zu den modernen Gesellschaften. Seine Werte, die aus dem 7. Jahrhundert stammen, werden heute von Konservativen zementiert, obwohl sie nicht mehr kompatibel sind mit einer sich verändernden Welt. Der Islam muss zuerst einmal Politik und Religion trennen und sich auf letztere beschränken.
Eine sehr grundsätzliche Forderung …
Ja, aber die Reform des Islam ist die Voraussetzung für alle wirklichen Veränderungen, und das bis in die Banlieue-Viertel. Auch kann sich diese Reform nicht auf den „Islam de France“, den französischen Islam, von dem in Paris so viel die Rede ist, beschränken. Man kann nicht in Frankreich einen modernen, republikanischen Islam schaffen, wenn er in Ländern wie Marokko oder Tunesien in seinen archaischen Versionen weiterlebt.
Das Christentum brauchte für die Trennung von Kirche und Staat Jahrhunderte. Verlangt man von den Musliminnen und Muslimen nicht zu viel?
Nein, es ist gar nicht so unmöglich, wie es scheint. Die Musliminnen und Muslime sind wie alle Menschen in der Lage, sich an die neuen Zeiten und die modernen Werte anzupassen. Sie haben die neuen Technologien wie Internet und Handys übernommen. Warum soll das nicht bei humanistischen Werten möglich sein? Atatürk hat Religion und Staat schon 1924 getrennt und die Türkei säkularisiert und modernisiert. Das Problem sind die Konservativen, die einen starken psychologischen Einfluss ausüben. Sie beherrschen den Islam seit dem 9. und 10. Jahrhundert.
Das Gesetz gegen den islamistischen Separatismus versucht zumindest die Finanzierung der Moscheen durch ausländische Mächte wie gerade auch die Türkei zu unterbinden.
Das ist eine gute Idee, aber sie wird die zugrunde liegenden Probleme nicht lösen. Die französischen Musliminnen und Muslime müssen sich Werte wie die Gleichheit von Mann und Frau oder die Gewissensfreiheit selber aneignen.
Die Imame sollen besser kontrolliert werden, indem sie ab 2024 in Frankreich ausgebildet werden müssen.
Es ist wichtig, Imame zu verhindern, die weder die Kultur noch die Sprache Frankreichs kennen. Bloß hilft das nicht viel, wenn auch die neuen Imame weiter die Herrschaft des Mannes über die Frau predigen. Es genügt nicht zu sagen, man müsse „die Regeln der Republik respektieren“ – wenn die Imame in den Moscheen weiter predigen, dass der Mann der Frau überlegen sei. Abgesehen davon agieren die Salafisten nicht nur in den Moscheen, sondern auch in den sozialen Medien. Also dort, wo die Jugendlichen hinhören. Sie gehen nicht mehr in die Moscheen, sondern ins Internet.
Die von Emmanuel Macron initiierte Charta verlangt von den französischen Muslimen die Einhaltung der Geschlechtergleichheit. Ein frommer Wunsch?
Diskriminierung der Frauen, das Verhältnis zu anderen, Gewaltdiskurs – all das müssen die Musliminnen und Muslime mit sich selbst regeln und beseitigen. Per Gesetz kann man höchstens unmenschliche Praktiken wie die Genitalverstümmelung kleiner Mädchen verbieten. Und die sind oft nicht an den Islam geknüpft; der Maghreb kennt zum Beispiel keine Verstümmelungspraktiken.
Aber können ein Gesetz und eine Charta nicht wertvolle Impulse vermitteln?
Das neue Gesetz geht zum Beispiel nicht gegen den Schleier vor, obwohl er die Vorherrschaft des Mannes symbolisiert. Der Koran verlangt von der Frau nirgends das Bedecken der Haare. Und selbst wenn der Koran diese Vorschrift aufstellen würde, heißt das noch nicht, dass sie angewendet werden müsste. Viele Koran-Regeln werden nicht befolgt.
Wie etwa?
Die Sklaverei wird in 25 Koranversen erwähnt, doch die islamischen Länder haben die Sklaverei alle zwischen 1848 und 1880 abgeschafft. Dagegen behaupten viele Muslime, es sei unmöglich, das Kopftuch oder die Polygamie abzuschaffen. Diese Praktiken sind aber nur deshalb so tief verankert, weil sie auf der Unterdrückung der Frau basieren.
Um eine neue Kopftuchdebatte zu vermeiden, hat die Regierung in Paris darauf verzichtet, ein Schleierverbot für kleine Mädchen ins Gesetz aufzunehmen, wie es eine Macron-Abgeordnete forderte. Verstehen Sie das?
Ein Kopftuch für Fünfjährige ist schlicht ein Verbrechen. Es heißt, die Frauen wählten den Schleier freiwillig. Das stimmt sicher nicht für kleine Mädchen. Ihnen wird der Schleier so lange anerzogen, bis sie sich selbst nackt fühlen, wenn sie ohne ihn auf die Straße gehen. Man lehrt die Kinder, dass ihr Körper ein Störfaktor ist, dass sie ihn verbergen sollen. So gewöhnen sie sich an den Schleier und tragen ihn ihr Leben lang.
In dem Fall sind Sie auch für das sogenannte Burkaverbot, nicht?
Zuerst einmal: Burka und Niqab werden im Koran gar nicht erwähnt. Der Koran enthält keine Vorschrift, Haare oder Gesicht zu verhüllen. Weiter: Der Ganzkörperschleier ist eine Erniedrigung und ein Verbrechen an der Frau. Er wurde erfunden, um die Frauen aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, denn er verlängert die häusliche Einschließung der Frau, indem sie nun einfach in ihr Tuch eingeschlossen wird. Das ist überaus diskriminierend, schließt es doch die Frau vom sozialen Leben, der Kultur und der Politik aus. Wer kein Gesicht hat, kann nicht sprechen, kann keine Politik machen.
Feministinnen wenden ein, man könne die Freiheit nicht mit einem Verbot – einem Bekleidungsverbot – erzwingen. Leuchtet Ihnen das ein?
Die Musliminnen haben sich nie gekleidet, wie sie wollten – es waren die Männer, die den Frauen einen Schleier auferlegt haben, und zwar lange vor der Entstehung des Islam. Die Musliminnen tragen ihn weiter, weil sie unter einem sozialen und kulturellen Druck stehen, ihn anzulegen.
L’entretien en français – traduction IA
La chercheuse Razika Adnani parle dans une interview d’une revendication moderne de l’islam et de la discrimination persistante des femmes.
L’Assemblée nationale française devrait adopter ce mardi une loi contre le « séparatisme islamiste », c’est-à-dire par exemple contre le détachement de quartiers entiers de banlieue de la société française. Une telle mesure est-elle un moyen efficace de lutter contre l’islamisme radical ?
Razika Adnani : De nombreuses mesures, comme l’interdiction de scolariser les enfants en dehors des écoles, peuvent contribuer à mieux intégrer les habitants des banlieues. Leurs quartiers sont sous la puissante influence des salafistes qui diffusent leurs propres lois islamistes. La loi contre le séparatisme pourra peut-être faire reculer cette pression.
Par ailleurs, les différentes communautés islamiques de France devraient signer une « charte » de respect des valeurs républicaines.
Razika Adnani : C’est une approche intéressante, mais elle ne changera pas grand-chose si l’islam ne fait pas un travail sur lui-même.
Qu’entendez-vous par là ?
Razika Adnani : Les musulmans doivent reconnaître que le problème réside dans l’islam lui-même, y compris dans sa relation avec les sociétés modernes. Ses valeurs, qui datent du 7e siècle, sont aujourd’hui cimentées par les conservateurs alors qu’elles ne sont plus compatibles avec un monde en mutation. L’islam doit d’abord séparer la politique de la religion et se limiter à cette dernière.
Une exigence très fondamentale …
Razika Adnani : Oui, mais la réforme de l’islam est le préalable à tout changement réel, et ce jusque dans les quartiers de banlieue. Cette réforme ne peut pas non plus se limiter à l’« Islam de France », l’Islam français dont on parle tant à Paris. On ne peut pas créer en France un islam moderne et républicain alors qu’il perdure dans ses versions archaïques dans des pays comme le Maroc ou la Tunisie.
Le christianisme a mis des siècles à séparer l’Église de l’État. N’exige-t-on pas trop des musulmanes et des musulmans ?
Razika Adnani : Non, ce n’est pas aussi impossible qu’il y paraît. Les musulmanes et les musulmans, comme tous les êtres humains, sont capables de s’adapter aux temps nouveaux et aux valeurs modernes. Ils ont adopté les nouvelles technologies comme Internet et les téléphones portables. Pourquoi cela ne serait-il pas possible avec des valeurs humanistes ? Atatürk a séparé la religion et l’État dès 1924 et a sécularisé et modernisé la Turquie. Le problème, ce sont les conservateurs qui exercent une forte influence psychologique. Ils dominent l’islam depuis les 9e et 10e siècles.
La loi contre le séparatisme islamiste tente au moins d’empêcher le financement des mosquées par des puissances étrangères comme justement la Turquie.
Razika Adnani : C’est une bonne idée, mais elle ne résoudra pas les problèmes sous-jacents. Les musulmans français doivent s’approprier eux-mêmes des valeurs comme l’égalité entre hommes et femmes ou la liberté de conscience.
Il faut mieux contrôler les imams en les obligeant à se former en France à partir de 2024.
Razika Adnani : Il est important d’empêcher les imams qui ne connaissent ni la culture ni la langue de la France. Mais cela ne sert pas à grand-chose si les nouveaux imams continuent à prêcher la domination de l’homme sur la femme. Il ne suffit pas de dire qu’il faut « respecter les règles de la République » – si les imams continuent à prêcher dans les mosquées que l’homme est supérieur à la femme. En outre, les salafistes n’agissent pas seulement dans les mosquées, mais aussi dans les médias sociaux. Donc là où les jeunes écoutent. Ils ne vont plus dans les mosquées, mais sur Internet.
La charte initiée par Emmanuel Macron demande aux musulmans français de respecter l’égalité des sexes. Un vœu pieux ?
Razika Adnani : La discrimination des femmes, le rapport à l’autre, le discours sur la violence – tout cela, les musulmans doivent le régler avec eux-mêmes et l’éliminer. Par la loi, on peut tout au plus interdire des pratiques inhumaines comme les mutilations génitales des petites filles. Et celles-ci ne sont souvent pas liées à l’islam ; le Maghreb, par exemple, ne connaît pas de pratiques de mutilation.
Mais une loi et une charte ne peuvent-elles pas donner des impulsions précieuses ?
Razika Adnani : La nouvelle loi ne s’attaque pas, par exemple, au voile, bien qu’il symbolise la suprématie de l’homme. Le Coran n’exige nulle part que la femme se couvre les cheveux. Et même si le Coran posait cette prescription, cela ne signifie pas pour autant qu’elle doive être appliquée. De nombreuses règles coraniques ne sont pas suivies.
Par exemple ?
Razika Adnani : L’esclavage est mentionné dans 25 versets coraniques, mais les pays islamiques ont tous aboli l’esclavage entre 1848 et 1880. En revanche, de nombreux musulmans affirment qu’il est impossible d’abolir le foulard ou la polygamie. Mais si ces pratiques sont si profondément ancrées, c’est parce qu’elles sont basées sur l’oppression des femmes.
Pour éviter un nouveau débat sur le foulard, le gouvernement parisien a renoncé à inscrire dans la loi l’interdiction du voile pour les petites filles, comme le demandait une députée Macron. Comprenez-vous cela ?
Razika Adnani : Le voile pour les enfants de cinq ans est tout simplement un délit. On dit que les femmes choisissent le voile de leur plein gré. Ce n’est certainement pas vrai pour les petites filles. On leur apprend à porter le voile jusqu’à ce qu’elles se sentent elles-mêmes nues lorsqu’elles sortent dans la rue sans le porter. On apprend aux enfants que leur corps est un élément perturbateur, qu’elles doivent le cacher. C’est ainsi qu’elles s’habituent au voile et le portent toute leur vie.
Dans ce cas, vous êtes aussi pour la soi-disant interdiction de la burqa, n’est-ce pas ?
Razika Adnani : Tout d’abord, la burqa et le niqab ne sont pas du tout mentionnés dans le Coran. Le Coran ne contient aucune prescription concernant le fait de se couvrir les cheveux ou le visage. Ensuite, le voile intégral est une humiliation et un crime contre la femme. Il a été inventé pour bannir les femmes de l’espace public, car il prolonge l’enfermement domestique de la femme en l’enfermant simplement dans son voile. C’est extrêmement discriminatoire, car cela exclut la femme de la vie sociale, de la culture et de la politique. Celui qui n’a pas de visage ne peut pas parler, ne peut pas faire de politique.
Razika Adnani : Les féministes objectent que l’on ne peut pas imposer la liberté par une interdiction – une interdiction de s’habiller. Cela vous paraît-il logique ?
Les musulmanes ne se sont jamais habillées comme elles le voulaient – ce sont les hommes qui ont imposé le voile aux femmes, et ce bien avant la naissance de l’islam. Les musulmanes continuent à le porter parce qu’elles subissent une pression sociale et culturelle pour le mettre.